Yanantin – Die Kraft der Gegensätze in Harmonie

Als ich vom Tod von Papst Franziskus erfuhr, berührte mich das tiefer, als ich erwartet hatte – obwohl ich evangelisch erzogen wurde. Vielleicht fragst du dich, weshalb. Schließlich gehörte ich nie zur katholischen Kirche. Aber genau darin liegt der Kern dieses Textes: Es geht nicht darum, Teil von etwas zu sein, sondern offen zu sein.


Unterschied als Einladung, nicht als Trennung

Die spirituelle Tradition der Inkas hat mich gelehrt, Unterschiede nicht als Widerspruch zu erleben, sondern als Möglichkeit für Verbindung. Die alten Meister der Hochanden nennen dieses Prinzip Yanantin – das harmonische Zusammenspiel zweier unterschiedlicher Kräfte.

Yanantin bedeutet:
Zwei Pole – wie Tag und Nacht, weiblich und männlich, Ost und West, evangelisch und katholisch – sind nicht Gegensätze, sondern notwendige Kräfte eines Ganzen. Nur gemeinsam können sie etwas Neues erschaffen. Nur in ihrer Balance entsteht Leben.


Einheit durch Verschiedenheit

Kein Tag ohne Nacht.
Kein Ausatmen ohne Einatmen.
Kein Ich ohne Du.

Yanantin erinnert uns daran, dass Harmonie nicht dann entsteht, wenn alle gleich sind – sondern wenn das Verschiedene wertgeschätzt und in Beziehung gesetzt wird.

Vielleicht hat mich deshalb der Tod von Papst Franziskus so bewegt. Weil er, auf seine ganz eigene Weise, Verbindung suchte: zwischen Religionen, Kulturen, Weltanschauungen. Weil er Räume öffnete – für Zuhören, für Verständnis, für das Gemeinsame.