„In der tiefsten Dunkelheit ruht der Same des Lichts – und mit ihm das Versprechen auf Neubeginn.“
Die Wintersonnwende ist der tiefste Punkt im Jahreskreis.
Und zugleich der Moment, in dem sich das Rad erneut in Bewegung setzt.
Die Thomasnacht – ein heiliger Übergang
Die Nacht vom 20. auf den 21. Dezember, die sogenannte Thomasnacht, markiert die Wintersonnwende.
Die Sonne erreicht ihren niedrigsten Stand, der Tag ist so kurz wie nie, die Dunkelheit so ausgedehnt wie sonst zu keiner Zeit im Jahr.
Genau dort, wo das Licht am fernsten scheint, beginnt seine Rückkehr.
Die Wintersonnwende als Vorbereitung auf die Rauhnächte
In unserem Jahreskreis ist die Wintersonnwende der bewusste Auftakt zur Zeit der Rauhnächte. Noch bevor die Nächte zwischen den Jahren beginnen, öffnet sich hier der innere Raum, den sie später füllen.
Was die Rauhnächte bewegen, wird in dieser Nacht ausgerichtet.
Diese Nacht dient nicht der Deutung, sondern der Klärung.
Nicht dem Träumen, sondern dem inneren Ordnen.
Nicht dem Blick nach außen, sondern der stillen Hinwendung nach innen.
Brauchtum zur Wintersonnwende
Lange bevor Kalender das Jahr strukturierten, wurde die Wintersonnwende als Fest des Lichts begangen. Feuer, Kerzen und Herdstellen spielten eine zentrale Rolle. Sie standen für Schutz, Lebenskraft und die Gewissheit, dass das Licht selbst in der Dunkelheit nicht erlischt.
Das Feuer bewahrt, was das Jahr über getragen hat –
und entzündet, was neu entstehen will.
Häuser wurden gereinigt, alte Dinge verabschiedet, Vorräte gesichtet.
Nicht aus Mangel, sondern aus Achtung vor dem Kommenden.
Innere Einkehr statt Neubeginn
Die Wintersonnwende ist kein Neubeginn im modernen Sinn.
Sie fordert keine Ziele, keine Vorsätze, keine Pläne.
Diese Nacht fragt nicht: Was willst du erreichen?
Sondern: Was darf gehen, damit Neues Raum hat?
Einkehr bedeutet hier nicht Rückzug, sondern Ehrlichkeit.
Ein stilles Anerkennen dessen, was war – und dessen, was sich erschöpft hat.
Das 13-Wünsche-Ritual in der Thomasnacht
In der Stille der Wintersonnwende vollzieht ihr das 13-Wünsche-Ritual – bewusst vor Beginn der Rauhnächte.
In dieser Nacht werden dreizehn Wünsche formuliert.
Nicht als Forderungen an das Leben, sondern als ehrliche Ausrichtung der eigenen Seele.
Zwölf Wünsche werden abgegeben.
Einer bleibt.
Zwölf Wünsche werden den Spirits übergeben.
Sie begleiten euch durch die Rauhnächte – ein Wunsch für jeden Monat des kommenden Jahres.
Ihr Vertrauen liegt im Loslassen.
Der dreizehnte Wunsch wird aufgedeckt.
Er bleibt bei euch – als Aufgabe, Verantwortung und innerer Auftrag.
Dieser Wunsch erinnert daran,
dass nicht alles dem Unsichtbaren überlassen werden kann.
Die spirituelle Dimension der Wende
Spirituell betrachtet ist die Wintersonnwende ein archetypischer Moment.
Der Same liegt in der Erde – unsichtbar, geschützt, voller Möglichkeit.
Wachstum beginnt nicht im Licht,
sondern in der Bereitschaft, die Dunkelheit zu halten.
Diese Nacht lehrt Geduld.
Und Vertrauen in Prozesse, die sich nicht beschleunigen lassen.
Übergang in die Rauhnächte
Wenn die Sonne nach der Thomasnacht langsam zurückkehrt, geschieht dies nicht spektakulär.
Es ist ein leiser, beharrlicher Prozess.
Die Wintersonnwende öffnet den Raum.
Die Rauhnächte füllen ihn.
Was jetzt geklärt und ausgerichtet wird, darf in den Nächten zwischen den Jahren weiterwirken – getragen von Stille, Aufmerksamkeit und innerer Bereitschaft.




