Die Ñawis – Energiezentren aus der Sicht der Inka

„Der Körper ist das Feld, auf dem die Seele ihre Erinnerungen speichert. Die Ñawis sind ihre Tore.“

Weisheit der Q’eros

In der spirituellen Tradition der Inkas ist der Mensch nicht nur ein physisches Wesen, sondern vor allem ein Energiewesen. Alles Leben besteht aus Kausay, lebendiger Energie – und diese Energie zirkuliert durch bestimmte Punkte im Körper, die als Ñawis bezeichnet werden.
Ñawi bedeutet übersetzt: Auge. Und so kann man sich die fünf Ñawis als energetische Augen vorstellen, durch die wir unsere innere und äußere Welt wahrnehmen, beeinflussen – und heilen können.


Was sind Ñawis?

Ñawis sind Energiezentren, die sich entlang der Körperachse befinden – ähnlich den Chakren im östlichen Verständnis. Sie sind nicht nur Orte, an denen Energie ein- und ausströmt, sondern auch Speicher für Erfahrungen, Emotionen und spirituelle Informationen.
In der Inka-Tradition arbeiten viele Paqos mit fünf zentralen Ñawis, die jeweils mit bestimmten Lebensthemen und Kräften verbunden sind.


Die fünf Ñawis im Überblick

Vereint das linke und rechte Auge – für geistige Klarheit und Führung. Dein Zentrum für Lebenskraft, Schöpfung und Emotionen. Hier lebt Munay – deine Fähigkeit zu lieben und zu heilen. Sprich deine Wahrheit – klar, verbunden, kraftvoll. Verbindet dich mit Pachamama – deiner Wurzelkraft und Stabilität.

Ñawi-Grafik, KI-unterstützt erstellt in Adobe Illustrator.

Ort: Am Steißbein
Themen: Urvertrauen, Erdung, Stabilität
Funktion: Dieses Zentrum verbindet uns mit Pachamama – der Erde –, gibt uns Standkraft und innere Sicherheit.


2. Qosqo Ñawi – Das zweite Auge

Ort: Bauchnabelbereich
Themen: Lebenskraft, Emotionen, schöpferische Energie
Funktion: Hier sitzt unsere Schöpfungskraft – die Fähigkeit zu handeln, zu erschaffen, zu fühlen. Es ist das Zentrum des Lebenswillens.


3. Sonqo Ñawi – Das dritte Auge

Ort: Herzmitte
Themen: Liebe, Verbindung, Heilung
Funktion: Im Sonqo Ñawi lebt unsere Fähigkeit, in Verbindung zu treten – mit anderen, mit uns selbst, mit der Welt. Hier entsteht Munay – die Kraft der Liebe.


4. Kunka Ñawi – Das vierte Auge

Ort: Hals / Kehlkopf
Themen: Ausdruck, Kommunikation, Wahrheit
Funktion: Dieses Zentrum hilft uns, unsere Wahrheit zu sprechen – klar, liebevoll und in Verbindung mit unserem Herzen.


5. Qanchis Ñawi – Das fünfte Auge

Ort: Stirn / drittes Auge
Themen: Vision, Intuition, geistige Verbindung
Funktion: Das Qanchis Ñawi vereint zwei feinstoffliche Aspekte in sich: das linke Auge (Yana Ñawi – das dunkle, intuitive Auge) und das rechte Auge (Yuraq Ñawi – das helle, rationale Auge). Gemeinsam bilden sie das Zentrum des inneren Sehens – für Klarheit, Einsicht und Führung durch die geistige Welt.


Warum mit den Ñawis arbeiten?

Wenn die Ñawis frei fließen, erleben wir inneres Gleichgewicht, Kraft und Klarheit. Blockaden dagegen können sich als emotionale, mentale oder sogar körperliche Themen zeigen.
Die Arbeit mit den Ñawis – z. B. durch Rituale, Atemübungen oder die Chumpi-Steine – hilft, diese Energiezentren zu reinigen, zu aktivieren und wieder miteinander zu verbinden.
Sie kann dabei unterstützen, alte Themen zu lösen, das Herz zu öffnen und einen tieferen Zugang zu sich selbst zu finden.


Ein Weg, der zu dir führt

In der Inka-Tradition geht es nicht um Perfektion – sondern um Bewusstheit, Übung und Herz.
Die Ñawis zeigen uns, wie wir in Balance kommen: zwischen Erde und Himmel, zwischen Herz und Verstand, zwischen Innen und Außen.
Und manchmal genügt es schon, sich einfach mit einem dieser Punkte zu verbinden – mit einer klaren Intention und offenem Herzen.


Ñawis und Chakren – zwei Wege, ein Ziel

Auch wenn die Ñawis und die Chakren auf den ersten Blick ähnlich erscheinen – beide beschreiben Energiezentren im Körper –, entspringen sie ganz unterschiedlichen spirituellen Weltbildern.

In der Inka-Tradition sind die Ñawis nicht bloß energetische Knotenpunkte, sondern lebendige Augen, durch die wir mit der Erde, dem Kosmos und unserer inneren Wahrheit in Verbindung treten.
Die Arbeit mit ihnen ist tief verwurzelt im Hier und Jetzt, geerdet, körperlich – und eng verknüpft mit Pachamama, den Apus und der spirituellen Präsenz der Natur.

Während Chakren in der östlichen Philosophie oft mit Farben, Symbolen und Meditation verbunden sind, liegt der Schwerpunkt bei den Ñawis auf der Verbindung zum Leben – auf dem, was wir tatsächlich erfahren, bewegen, verkörpern.
Nicht der Aufstieg in himmlische Sphären steht im Mittelpunkt, sondern die Verankerung im eigenen Weg.

Beide Systeme können sich ergänzen – und wer offen bleibt, entdeckt darin zwei Sprachen für dieselbe innere Reise.